Marktrisikoprämie (MRP): gegenwärtige Entwicklungen 

Einführung 

Im Folgenden werden die aktuell bewährten Arbeitsweisen zur Festlegung der MRP sowie deren Wirkungsweise beschrieben. Die MRP hat auf den Kapitalisierungszinssatz als auch den Unternehmenswert eine sehr große Wirkung. Deshalb sollten die Konsequenzen des „Strukturbruchs“ von 2008 (z.B. das niedrige Zinsniveau) auch in Bezug auf die MRP entsprechend erfasst werden. 

Capital Asset Pricing Model (CAPM) 

Indem der erwartete finanzielle Überschuss mit einem risikobehafteten Kapitalisierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag abgezinst wird, wird der Wert eines Unternehmens über das Kapitalwertkalkül bestimmt. Die Ableitung erfolgt in der Praxis meistens über das CAPM entsprechend der Formel. Die zukunftsorientierte MRP ist laut einer weiteren Formel eine Residualgröße, die nicht unmittelbar inspiziert werden kann, sondern als Abweichung analysiert werden muss. Der risikofreie Zinssatz hat in beiden Formeln einen großen Stellenwert für die Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes. 

Gegenwärtige Umwandlung des Kapitalmarktumfelds 

Hinsichtlich der Finanzkrise 2007/2008 ist das weltweite Zinsniveau drastisch gesunken. Die Leitzinssatzdifferenz zwischen der US-amerikanischen FED und der EZB beläuft sich aktuell auf 1,75%. Jedoch sind nicht die Leitzinssätze für die Bestimmung des risikofreien Basiszinssatzes relevant, sondern die Renditen langfristiger Staatsanleihen. Die Schuldenquote aller Länder, aber vor allem der europäischen Krisenländer stieg, aufgrund der Finanzkrise, kräftig. Dies führte zur Umschichtung von risikobehafteten Staatsanleihen in sichere Staatsanleihen („flight to quality“-Effekt). Dieser Effekt wurde durch Ankauf langfristig laufender Staatsanleihen verstärkt, was neben den niedrigen Basiszinssatz auch die bemerkbare Abhebung des Deutschen vom internationalen Zinsniveau begründet. Aufgrund dieser Abkopplung nimmt der Stellenwert der Frage, wo der Investor beheimatet ist & in welcher Währung er abrechnet, erheblich zu. Deswegen bewegt sich die Sicherstellung der Währungskonsistenz des CAPM sichtbar in den Blickpunkt. 

Ansätze zur Feststellung der MRP 

Der Unterschiedsbetrag zwischen der erwarteten Rendite des Marktes und des risikolosen Zinssatzes bildet die MRP. Der ex-post-Ansatz basiert auf historischen Daten und wurde bis zur Finanzkrise nahezu nur für die Ermittlung der MRP benutzt. Aufgrund der Änderungen scheint dies jedoch nicht mehr zeitgemäß, da die Benutzung von historischen Daten zu einer Überschätzung des Basiszinssatzes führt. In den letzten Jahren an Stellenwert hat der ex-ante-Ansatz erhalten. Dieser zukunftsorientierte Ansatz wird von der erhofften Marktrendite entspringend von Ertragsschätzungen von Finanzanalysen und gegenwärtigen Börsenkursen abgeleitet. Als Kombination und Mischform des ex-post- und des ex-ante-Ansatzes wird der Total-Market-Return-Ansatz (TMR-Ansatz) angesehen. Alle drei Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile. Wobei der ex-post-Ansatz bei dem momentanen Niedrigzinsniveau nur mit Behutsamkeit angewandt werden sollte. 

Betrachtungsweise und Ausführung in der Praxis 

Bei Herleitung der MRP muss neben dem gegenwärtigen Niedrigzinsniveau auch die Differenz des deutschen vom internationalen Zinsniveau berücksichtigt werden, sofern dies für den Bewerter relevant ist. Dieser sollte sich dahingehend mithilfe der Investment- und Investoren-Perspektive befassen. Wo der Investor beheimatet ist und in welcher Währung er abrechnet ist in der Investoren-Perspektive beschrieben. Ergänzend wird in der Investment-Perspektive betrachtet, welches Marktportfolio der Investor als Investment-Horizont ansieht. 

Aufgrund des Strukturbruchs im Kapitalmarktumfeld und die daraus resultierenden zusätzlich zu berücksichtigen Aspekte haben bei der Bestimmung der MRP zu Änderungen in der Praxis geführt. Der FAUB des IDW z.B. erhöht seine Empfehlung von der Bandbreite vor persönlichen Steuern von 5,5-7% auf 6-8%. Die drei Empfehlungen für die MRP von der IDW, der KSW und der BNetzA gehen stark auseinander. Die IDW sowie die KSW gehen von einer ansteigenden MRP aus. Dagegen wird bei der Regulierung von Strom- und Gasnetzen hingegen eine sinkende MRP verarbeitet. 

Resultat 

Um die Festlegung eines zukunftsorientierten MRP möglichst exakt bestimmen zu können müssen zwei Bandbreiten berücksichtigt werden. Zum einem die Wahl der Methodik (über einen der drei vorher erläuterten Ansätze) und die geographische Betrachtung des Investors (Währung die hervorgebracht wird). 

Die Reaktionen der IDW, der KSW und der BNetzA auf den Strukturbruch fielen unterschiedlich, insbesondere bei der Wahl der Methoden, aus. Grund hierfür ist, dass die verschiedenen Methoden den risikolosen Zinssatz auseinandergehend verwenden. Zudem ist die Abweichung des Zinsniveaus in Deutschland ein maßgeblicher Aspekt bei der Entscheidung der MRP. 

Quelle: WPg Online, Heft 18/2020, Seite 1124, Dokument-ID: W1009313